Wilde Shamrock: “The World Is Moving!“

Am 25. November 2025 besuchte die irische Theatertruppe “Wilde Shamrock“ die BBS OHZ für zwei 70-minütige englischsprachige Vorstellungen. In einem Streifzug durch die Geschichte begaben sich die Zuschauer gemeinsam mit dem Iren Rover (Jack) in einem sehr außergewöhnlichen Zug auf eine Zeitreise zum 04. Juli der Jahre 2050, 1945, 1901 und 1852.

Die fiktive Zukunft (04. Juli 2050) wartete mit einem dystopischen Szenario wieder eingeführter Ländergrenzen auf, in welchem das Reisen nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Währungen, bizarr anmutender Einreiseformalitäten und abgeschafften Fremdsprachunterrichts an den Schulen unerträglich kompliziert geworden ist. Ist diese separatistische Vision möglicherweise das, was den Europäern droht, falls nach dem Brexit weitere Mitgliederstaaten die Europäische Union verlassen und durch den Frexit, den Germaxit und den Paxit der derzeitige Staatenbund zerbricht?

Auf seiner Reise in den Sommer 1945 machte Rover die Bekanntschaft des italienischen Widerstandskämpfers Vinzenzo (Vincent) aus dem im 2. Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogenen Vicenza. Der Italiener warnte den historisch ungebildeten und ahnungslosen Zeitreisenden eindringlich vor den Gefahren des Faschismus und des Nationalismus. Anhand der Figur des Donny aus Dalmatien wurde dargestellt, wie ein Land zum Spielball der Geschichte werden kann und was dies für die nationalen Geschicke sowie die Bevölkerung bedeutet. Was, so fragten sich die Akteure, definiert die Identität einer Person? Ist es ihre Zugehörigkeit zu einer Nation, ihre Sprache oder ihre Kultur?

Rovers verzweifelt-sehnsüchtige Hoffnung auf eine Rückkehr in das heutige Irland, welcher er mit dem Traditional “I Wish I Was (in Carrickfergus)“ Nachdruck verlieh, wurde auf eine harte Probe gestellt, als er vom Zeitreise-Zug nicht in die Gegenwart, sondern in eine noch weiter zurückliegende Vergangenheit transportiert wurde. Im Jahr 1901 machte er die Bekanntschaft von Tristan und Isolde, zwei nationalistischen Opernsängern, welche große Stücke auf das Deutsche Imperium sowie jede Form kriegerischer Auseinandersetzung hielten und mit unverhohlener Ablehnung beispielsweise auf die bloße Erwähnung des Namens Giuseppe Verdi reagierten.

Zu Rovers Unglück nahm der Zeitreisezug ihn in der nächsten Etappe dann in das Jahr 1852 mit, wo er in Amerika, dem „Land of the Free“, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der Heimat des American Dream, an die Massenauswanderungswelle seiner irischen Landsleute nach Amerika erinnert wurde, welche auf jahrelange Kartoffelmissernten und die daraus resultierende Hungersnot in den 1840ern zurückzuführen war. Ebenfalls im Jahr 1852 mussten der Zeitreisende und die Zuschauer mit ansehen, wie ein Einwanderungsbeamter (Kian) – eine ebenso unverkennbare wie amüsante Trump-Parodie – einer deutschen Mutter mit ihrem Neugeborenen die Einreise nach Amerika verweigerte und sich geringschätzig über per se alle Nicht-Amerikaner äußerte. Jener Grenzbeamte lehnte jede Form von Einwanderung mit der platten Bemerkung „They are too many“ ab, wusste und wollte nicht zwischen Migranten, Immigranten, Emigranten und Flüchtlingen unterscheiden und bezog mit unbelehrbarer Halsstarrigkeit die Gegenposition zu der Haltung, welche die Lyrikerin Emma Lazarus in ihrem Gedicht „The New Lazarus“ vertritt, das auf dem Sockel der Freiheitsstatue zu finden ist.

Letztlich distanzierte Rover sich ausdrücklich von der Position der ihn umgebenden Figuren und löste die Wirrnisse durch seinen Ausruf „The world is moving!“ auf, womit er für eine Veränderung zum Besseren, für Demokratie, Freiheit, Menschenwürde und die Wahrung von Menschenrechten, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit plädierte.

Die BBS OHZ bedanken sich herzlich bei „Wilde Shamrock“ und freuen sich auf euren erneuten Besuch im November 2026!